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Streitfall Ukraine-Krieg

8. Aug. 2022

Konservative und rechtsorientierte Beobachter beschuldigen den Westen und die USA, sie würden Russland zu einem Krieg provozieren. Ein Frieden könne nur von Washington und Moskau ausgehandelt werden. Ein liberaler Analyst hingegen hält es für entscheidend, dass EU und Nato Putin zur Vermeidung eines weiteren Weltkrieges stoppen.

Unter Donald Trumps Präsidentschaft hätten die USA keine Kriege oder ausländische Interventionen begonnen, doch habe der ehemalige Präsident zugleich von allen Mitgliedsstaaten eine stärkere Finanzausstattung der Nato gefordert, erinnert Kristóf Trombitás bei Pesti Srácok. Mit Blick auf den Taiwan-Konflikt vergleicht der regierungsnahe Autor Trumps Außenpolitik mit der Kriegstreiberei der Biden-Regierung, „die jeden provoziert und Kriege so weit wie möglich in die Länge zieht“. Trombitás hofft auf ein Ende der demokratischen Präsidentschaft in zwei Jahren – und „dass die US-Liberalen bis dahin keinen weiteren Weltkrieg provozieren werden“.

In einem Interview mit Inforádió beschuldigt László Bogár die USA und die Nato, Russland zu einem Krieg provoziert zu haben. Der Wirtschaftswissenschaftler, dem Liberale immer wieder die Verbreitung von Verschwörungstheorien zur Last legen, behauptet, dass sich die USA „wie ein zynisches Imperium“ verhalten würden. Russland habe einen legitimen Anlass, „feindliche Mächte“ von seinen Grenzen fernzuhalten, ergänzt Bogár.

Gergely Kiss von der Tageszeitung Magyar Nemzet vergleicht die EU-Sanktionen gegen Russland mit einem „selbstmörderischen Akt“. Während die Sanktionen gegen russische Energieimporte in mehreren EU-Staaten, darunter nicht zuletzt in Deutschland, einen verheerenden wirtschaftlichen Schock und eine soziale Krise auslösen würden, scheine Russland davon nicht erschüttert zu werden, behauptet der regierungsnahe Kolumnist. Unter Berufung auf den amerikanischen Außenpolitik-Experten George Friedman spekuliert Kiss, dass der Krieg in der Ukraine den Interessen der USA diene, indem er die europäischen Volkswirtschaften von den russischen Bodenschätzen abschneide.

In der gleichen Tageszeitung stellt Károly Lóránt die beiden wichtigsten Narrative zum Ukraine-Krieg einander gegenüber. Der regierungsfreundliche Kommentator geht davon aus, dass die den Konflikt als ein irrwitziges Vorgehen Russlands betrachtenden Liberalen den Krieg nur verlängern wollten. Dem gegenüber stünden die Konservativen, die die umfassenderen geopolitischen Realitäten berücksichtigen würden, sowie Politiker der Linken, „die den US-Imperialismus schon immer verurteilt haben“. Diesem Lager, so Lóránt weiter, sei klar, dass Moskau die Ukraine nicht besetzen, sondern nur westlichen Bestrebungen zuvorkommen wolle, „die Ukraine zu einem Sprungbrett für westliche Aggressionen gegen Russland zu machen“. Ein Frieden sei solange unmöglich, wie im Westen die erstgenannte Sichtweise die Oberhand habe, schlussfolgert Lóránt.

In der Wochenzeitschrift Magyar Demokrata räumt Gábor Stier ein, dass Russland den Krieg mit einer bewaffneten Aggression begonnen habe. Allerdings wirft der regierungsnahe Kolumnist der EU vor, das Bemühen der USA unterstützt zu haben, die Ukraine gegen Russland aufzuwiegeln. Das gelte seit dem „Maidan-Putsch“ von 2014, der nach offizieller russischer Lesart – die Stier ebenfalls vertritt – von den Vereinigten Staaten finanziert und unterstützt worden sei. Die EU habe überhaupt nichts getan, um die Einhaltung des Minsker Abkommens durch Kiew sowie den Schutz der Rechte der Russen in der Ostukraine sicherzustellen. Stier pflichtet Ministerpräsident Orbán bei: Russland müsse zur Beendigung des Krieges mit den USA verhandeln.

János Herman hält es für absolut unerlässlich, dass die Nato und die EU geeint bleiben und Entschlossenheit zeigen, um Russland aufzuhalten. In der Wochenzeitung Élet és Irodalom äußert Ungarns ehemaliger Nato-Botschafter, dass Russland weiter nach Westen vordringen werde, sollte sich die Ukraine nicht durchsetzen. Er vergleicht die expansive Geopolitik Russlands mit der von Nazi-Deutschland betriebenen und hofft, dass die westeuropäischen Mächte dieses Mal nicht tatenlos zusehen würden, wie ein kriegerisches Land den Frieden auf dem Kontinent untergrabe. Für Ungarn sei es von entscheidender Bedeutung, dass Russland letztendlich besiegt werde, behauptet Herman und kritisiert Ministerpräsident Viktor Orbán für dessen Forderung, Ungarn solle sich aus dem Krieg heraushalten und dessen Kosten nicht tragen.

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