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Lehrerproteste am Nationalfeiertag

26. Oct. 2022

Ein regierungsnaher Analyst und ein Kommentator aus dem linken Spektrum geben diametral entgegengesetzte Bewertungen der Lehrerdemonstrationen zu Protokoll. An den in Budapest organisierten Protesten hatten sich am 23. Oktober Zehntausende beteiligt.

In einem Interview mit Magyar Nemzet wirft Ervin Nagy der Opposition vor, sie vereinnahme die Lehrerproteste, um ihre eigene Außenwahrnehmung zu stärken. Der konservative Analyst der regierungsnahen Denkfabrik Institut des 21. Jahrhunderts kritisiert, dass die Oppositionsparteien – und dabei in erster Linie die Demokratische Koalition von Ferenc Gyurcsány – die ausdrückliche Aufforderung der Organisatoren, sich von den Kundgebungen fernzuhalten, ignoriert haben. Stattdessen sei versucht worden, sich der Demonstrationen zu bemächtigen, da die Oppositionsparteien selbst nicht genügend Anhänger mobilisieren könnten. Laut Nagy geht es bei den Lehrerprotesten gar nicht mehr um höhere Löhne. Vielmehr handele es sich längst um reine Oppositionsveranstaltungen. Nach dem Anschluss von Oppositionsparteien und Nichtregierungsorganisationen an die Demos, darunter auch die von Nagy als „Vorzeigeorganisation des Soros-Netzwerks“ bezeichnete Amnesty International, hätten sie sich in allgemeine gegen die Regierung gerichtete Veranstaltungen verwandelt, behauptet Nagy und notiert in einem Nebensatz: Während die Oppositionsparteien einerseits den Versuch unternähmen, EU-Finanzmittel zu blockieren, die der Regierung eine Erhöhung der Lehrerbezüge erlauben könnten, würden sie andererseits die Lehrer für ihre eigenen politischen Zwecke einspannen.

Dániel Juhász von Népszava hält es für normal und unvermeidlich, dass sich die Oppositionsparteien den Lehrerprotesten anschließen. Es könne auch nicht überraschen, wenn höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen für Lehrer fordernde Demonstranten die Regierung kritisierten. Letztendlich sei sie für die niedrigen Lehrergehälter und die steigende Inflation verantwortlich, die es den unterbezahlten Lehrerinnen und Lehrern noch schwerer machten, über die Runden zu kommen, schreibt der linksorientierte Kolumnist. In einer Demokratie sei es völlig normal, wenn sich Oppositionspolitiker an den Protesten gegen die Regierung beteiligen – auch wenn ihre Präsenz der „regierungsfreundlichen Propaganda“ eine Gelegenheit biete, die Bedeutung der Demonstrationen herunterzuspielen und ihre Ziele in Frage zu stellen.

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