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Pressefreiheit und Ungarns Platz in der EU im Spiegel der Wochenpresse

20. Mar. 2023

Oppositionsnahe Kommentatoren üben scharfe Kritik an der Lage der Presse sowie den anhaltenden Streitigkeiten Budapests mit Brüssel. Demgegenüber zitiert ein der Regierung nahestehendes Wochenmagazin Statistiken, um die Existenz einer lebendigen und vielfältigen Medienlandschaft zu untermauern.

In seinem Jelen-Leitartikel beschreibt Zoltán Lakner die ungarische Medienlandschaft als in ihrer Freiheit eingeschränkt. Einerseits sei Ungarn „in Sachen Pressefreiheit nicht das schlechteste Land“, räumt Lakner ein. Immerhin würden hierzulande – anders als in der Türkei – keine Journalisten aus politischen Gründen inhaftiert; auch würden sie nicht wie in Russland oder gar in Malta oder der Slowakei zuweilen umgebracht, weil sie sich mit den Kontakten zwischen der Mafia und der Regierung beschäftigt hätten. Andererseits könnten sie zur Zielscheibe von Propagandisten werden. (Lakner schrieb seinen Leitartikel anlässlich des 15. März, dem 125. Jahrestag der Revolution von 1948. Deren Protagonisten hatten zum ersten Mal in der ungarischen Geschichte offen eine freie Presse und die Abschaffung der Zensur gefordert – Anm. d. Red.)

Empirische Daten belegten die Existenz einer bunten und vielfältigen Medienlandschaft in Ungarn, macht dagegen Péter Bándy vom Wochenmagazin Demokrata geltend: Im Hinblick auf das Fernsehen hätten praktisch alle Haushalte Zugang zum beliebtesten, häufig regierungskritischen Sender RTL Klub. Praktisch alle Haushalte verfügten über einen Breitband-Internetanschluss und 80 Prozent von ihnen verfolgten regelmäßig regierungskritische Medien, während mit 75 Prozent etwas weniger auf regierungsnahe Quellen auswichen. 14 Prozent interessierten sich ausschließlich für Kritiker der Regierung, während nur sechs Prozent exklusiv der Regierung gewogene Nachrichtenquellen nutzen würden. In den letzten 13 Jahren habe die Zahl der regierungskritischen Sender um 50 Prozent zugenommen, und die meisten von ihnen arbeiteten gewinnbringend. Auf der Grundlage dieser Fakten weist Bándy Behauptungen über eine mangelnde Pressefreiheit als reine Erfindungen zurück.

Magyar Hang ist die einzige Wochenzeitung, die bis zum Abschluss der Feierlichkeiten zum Jahrestag der Revolution von 1948 am Mittwoch noch nicht in Druck gegangen war. Sie notiert: Ministerpräsident Orbán habe in seiner Jubiläumsrede politisch brisante Themen vermieden und sich gegenüber Brüssel gemäßigter als üblich geäußert. Magyar Hang zitiert den politischen Analysten Gergely Rajnai mit dessen Einschätzung, der zufolge die Regierung offenbar versuche, ihre Rhetorik gegenüber der Europäischen Union abzumildern. Der neue Ansatz hänge möglicherweise mit ihrer veränderten Beurteilung der Lage des Ukraine-Krieges zusammen, spekuliert Rajnai und fährt fort: Aus diesem Grunde würden sich regierungsnahe Kommentatoren etwas häufiger kritisch über Russland äußern.

Heti Világgazdaság veröffentlicht einen Bericht des Meinungsforschungsinstituts Medián, aus dem hervorgeht, dass die überwältigende Mehrheit der ungarischen Bevölkerung eine weitere EU-Mitgliedschaft befürworte. Demnach seien 84 Prozent sehr oder eher dafür und sogar 76 Prozent der Regierungsanhänger sprächen sich für die Mitgliedschaft Ungarns in der Europäischen Union aus. Sollte ein Referendum über den Austritt Ungarns aus der Europäischen Union stattfinden, würden 76 Prozent der Befragten dagegen stimmen. Mit Blick in die Zukunft hält es Heti Világgazdaság für aufschlussreich, dass dieser Anteil bei den unter 30-Jährigen mit 84 Prozent sogar noch höher liege.

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