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Ungarn-Visite des Papstes im Spiegel der Wochenpresse

1. May. 2023

Der Papstbesuch gibt Anlass für Vorwürfe an den jeweiligen politischen Gegner, die Anwesenheit von Papst Franziskus in Ungarn für die eigenen Zwecke zu missbrauchen.

Es wäre vergeblich, von Papst Franziskus eine „Erlösung“ zu erwarten, warnt Szabolcs Szerető in einem Artikel der Wochenzeitung Magyar Hang und fährt fort: Die von ihm vertretene Wahrheit entfalte jedoch eine moralische Wirkung. Als Beweis dafür zitiert der Publizist die Aussage des stellvertretenden Ministerpräsidenten Zsolt Semjén, der zufolge der Papstbesuch nicht politisch interpretiert werden könne. Während der Papst aufrichtig seine Friedensbotschaft verkünde, greife die Regierung in Ungarn auf Kriegsrhetorik zurück. Vielleicht viel mehr beunruhigt Szerető jedoch seine Beobachtung, „dass sich die ungarische Gesellschaft mit allem arrangiert, was sich hierzulande ereignet“.

In die gleiche Kerbe schlägt Katalin Lukács: Weder könne Papst Franziskus die Probleme Ungarns lösen noch den Ungarn sagen, was sie von ihrer eigenen Regierung zu halten hätten. In Heti Világgazdaság erinnert die katholische Historikerin daran, dass die Ungarn für diese irdischen Angelegenheiten keinen Papst oder irgendjemand anderen Außenstehenden benötigen. Sie seien stark genug, um ihre eigene Arbeit zu erledigen, könnten sich jedoch von der Präsenz und dem Beispiel des Papstes inspirieren lassen. „Wenn wir bereit sind, für 30 Silberlinge vor Ministerpräsident Viktor Orbán in Ohnmacht zu fallen“, schreibt das ehemalige Mitglied der christdemokratischen Partei, die mittlerweile die Opposition unterstützt, „dann kann uns nicht einmal Jesus persönlich von uns selbst erlösen, geschweige denn Papst Franziskus“.

In Magyar Narancs äußert Rita Perintfalvi die Hoffnung, dass die spirituelle Botschaft des Papstes Ungarn bei der Überwindung seines „außerordentlichen moralischen Verfalls“ helfen werde. Sie verurteilt jene Ungarinnen und Ungarn, die der Ukraine die Schuld am Krieg in die Schuhe schöben und wünschten, dass die Ukrainer ihre Selbstverteidigung einstellten. Die der Opposition nahestehende Theologin beschreibt ihre Heimat als typisches Terrain für Missionare. Beispielsweise sei in diesem Land die Solidarität aus der Gesellschaft verschwunden, zum Beispiel gegenüber den Massen an Migranten der zurückliegenden Jahre. In diesem Zusammenhang wirft sie den ungarischen Kirchenführern vor, die Botschaften des Papstes nur selektiv zu hören. Zudem bezichtigt Perintfalvi die Regierung, sie missbrauche den Papstbesuch für ihre eigenen Propagandazwecke.

In seinem Mandiner-Leitartikel kritisiert Gergely Vágvölgyi jene „Progressiven“ innerhalb der katholischen Kirche, die versuchen würden, den Besuch von Papst Franziskus für ihre eigene Agenda einzuspannen. Sie repräsentierten eine Minderheit innerhalb der Kirche, aber ihre Stimme werde von der liberalen Presse wiedergegeben und sei daher in öffentlichen Debatten zu vehement vertreten. Ihr Ziel bestehe darin, die Kirchenlehre bezüglich des menschlichen Wesens sowie der Rolle der Familie zu revidieren. Vágvölgyi warnt sie davor, die Botschaft des Papstes zur Rechtfertigung ihrer eigenen Ideale zu instrumentalisieren.

In Demokrata weist András Bencsik – sonst berühmt-berüchtigt für seine zugespitzten Leitartikel – darauf hin, dass die Hauptbotschaft des Papstes natürlich eine Botschaft der Liebe sei, auch wenn er einräumt, dass verschiedene Menschen sie anders interpretieren könnten. Unsere Probleme hätten ihren Ursprung bei den Menschen selbst, die sich auf den Thron Gottes gesetzt und ihrem eigenen Egoismus dienende Gesetze geschaffen hätten. Diejenigen jedoch, die die christliche Botschaft der Liebe als ihr Erbe betrachten würden, klammerten sich an die Hoffnung, dass Liebe und Mitgefühl den leidenschaftlichen Hass mildern und erlösende Versöhnung und Frieden bringen würden, so der Chefredakteur des Wochenmagazins.

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