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Wochenpresse über die Herausforderungen für die Regierung

11. Mar. 2024

Einen Monat nach den Enthüllungen im Zusammenhang mit der Begnadigung eines in einen Pädophilie-Fall verwickelten Straftäters sind die Wochenzeitungen noch immer der Meinung, dass der Fall die Stabilität der Regierung massiv beschädigt habe, obgleich die Opposition kaum besser dastehe als zuvor.

Das vom Fidesz etablierte Regime könne infolge des Skandals als moralisch bankrott gelten, glaubt Ákos Tóth. In Jelen verweist er auf eine Ipsos-Umfrage, wonach zwei Drittel der Bevölkerung das Land im Niedergang wähnen. Im Herbst 2006, als die linke Regierung unter Ferenc Gyurcsány von einem moralischen Skandal erschüttert worden sei, hätten 71 Prozent der Befragten gegenüber Meinungsforschern geäußert, das Land bewege sich in die falsche Richtung. Tóth sieht eine verblüffende Ähnlichkeit zwischen dieser Krise und jener, die sich aus dem Pädophilie-Begnadigungsskandal ergeben hat.

In Wochenmagazin Mandiner räumt der rechtsorientierte Philosoph András Lánczi ein, dass die regierende politische Klasse moralisch verletzt worden sei. Die entstandene Wunde lasse sich durch Propaganda nicht so einfach heilen. Die Opposition warte seit 14 Jahren auf einen moralischen Fehltritt der Regierung, den sie zu einem Skandal von den Ausmaßen desjenigen aufblasen könne, der die Linksregierung 2006 erschüttert habe. Diesmal sei der Fehler jedoch zugegeben worden. Zwei angesehene prominente Persönlichkeiten hätten zurücktreten müssen, da die Regierung im Einklang mit den moralischen Erwartungen der normalen Bürger reagiert habe, erinnert Lánczi.

In einem Artikel von Magyar Hang beklagt Szabolcs Szerető, dass die moralische Krise der Regierenden der Opposition bei den bevorstehenden Europa- und Kommunalwahlen keinen Erfolg bescheren werde. Die unterschiedlichen Kräfte der Opposition seien unfähig, sich auf eine gemeinsame Strategie oder ein geeintes Wahlbündnis zu verständigen. Infolgedessen seien sie bei diesen Wahlen wohl zum Scheitern verurteilt, bedauert Szerető. Es könne demnach auch niemanden erstaunen, dass eine von YouTubern initiierte Protestkundgebung hundertmal mehr Menschen auf die Straßen Budapests gelockt habe als eine Kundgebung der Oppositionsparteien.

In Heti Világgazdaság deutet András Németh die jüngste Schwäche der ungarischen Währung als einen weiteren Hinweis auf regierungsinterne Probleme, auch wenn diese diesmal auf eine Kontroverse zwischen Nationalbankpräsident György Matolcsy und Wirtschaftsminister Márton Nagy zurückzuführen seien. Beide hätten öffentlich die Politik des jeweils anderen kritisiert. Das habe die Anleger veranlasst, mit Blick auf ihre Forint-Einlagen Vorsicht walten zu lassen.

Emese F. Szabó hält den Versuch der Regierung für nur natürlich, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, während sich die Nationalbank naturgemäß darauf konzentriere, die Inflation niedrig zu halten. Unter Berufung auf ungenannte Insiderquellen deutet sie in einem Artikel des liberalen Wochenmagazins Magyar Narancs an, dass die Regierung György Matolcsy nach Ablauf von dessen Mandat in einem Jahr durch Finanzminister Mihály Varga ersetzen wolle. Dann würde Márton Nagy auch für die öffentlichen Finanzen zuständig sein. Szabó beschreibt Nagy jedoch als einen Mann mit „phantastischen Ideen“ und hält es für risikobehaftet, wenn die Regierung ihm zusätzlich zu seinen derzeitigen Befugnissen auch noch „den Schlüssel zum Tresor“ in die Hand geben würde.

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