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Nádas zu weiß für die Shortlist eines deutschen Literaturpreises

22. May. 2024

Linke und rechte Kommentatoren finden es gleichermaßen absurd, dass eine deutsche Jury den ungarischen Schriftsteller Péter Nádas aus dem Kreis der Top-Kandidaten für den HKW-Preis des besten Romans 2023 herausgenommen hat, obwohl sein Buch unter allen Kandidaten als das beste befunden worden war.

Zwei ehemalige Jurymitglieder des Hauses der Kulturen der Welt (HKW) haben in der Wochenzeitung Die Zeit enthüllt, dass die Mehrheit der Jury ihre Wahl aufgrund der Herkunft, des Geschlechts und der Hautfarbe der Autoren und nicht aufgrund der Qualität ihrer Bücher getroffen habe. Péter Nádas’ „Schauergeschichten“ sei unter den konkurrierenden Werken als das beste befunden, aber verworfen worden, weil der ungarische Autor weiß und männlich sei. Die beiden Autoren des Artikels wurden nicht wieder für die Jury 2024 ausgewählt.

Es sei beschämend, dass eines der Jurymitglieder wohl erklärt habe: „Es tut mir leid, ich liebe die Literatur – aber die Politik ist wichtiger.“ Das schreibt Sándor Zsigmond Papp in der Tageszeitung Népszava. Er erinnert daran, dass Literaturjuroren schon oft ungerechte Entscheidungen getroffen hätten, so auch im Fall des ersten Literaturnobelpreises, der an den französischen Dichter Sully Proudhomme statt an Leo Tolstoi verliehen worden sei. Allerdings habe bisher niemand eingeräumt, dass die Preisträger nach politischen Erwägungen und nicht nach dem künstlerischen Wert ihrer Werke ausgewählt worden seien. „Das riecht sehr nach Betrug“, schreibt Papp.

„Das ist reiner Rassismus, gegen den wir ankämpfen müssen“, ruft Ervin Nagy auf der Mandiner-Website aus. Deutschland sei offenbar zu einem Ort geworden, an dem „die politische Korrektheit die literarische Qualität eliminiert“. Mit Blick auf Nádas konstatiert der Kolumnist, nicht er sei der Hauptverlierer des HKW-Prozesses gewesen. Vielmehr hätten sich die Mitglieder der Jury selbst und ihren Preis bloßgestellt, nicht den ungarischen Schriftsteller.

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