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Budapest-Projekte hängen in der Luft

16. Jun. 2014

Die führende linke Tageszeitung argwöhnt, dass die Regierung das linke und liberale Budapest bestrafen wolle, indem sie Strukturentwicklungsfonds von der Hauptstadt weg in ländliche Regionen lenke, wo ihre Stammwählerschaft beheimatet ist. Dagegen ist die wichtigste Tageszeitung des regierungsfreundlichen Lagers überzeugt, dass hauptstädtische Infrastrukturvorhaben nicht auf Eis gelegt würden.

Am Donnerstag hatte das Nachrichtenportal Index gemeldet, dass János Lázár, der für das Büro des Ministerpräsidenten zuständige Minister, die strategischen Entwicklungspläne der Regierung zum öffentlichen Personennahverkehr überarbeitet habe. Demnach sollten in den kommenden sechs Jahren keinerlei Projekte in Budapest mehr mit EU-Mitteln finanziert werden, damit mehr Geld in weniger entwickelte Regionen fließen könne. Laut Index bedeutet dieser Beschluss, dass Budapest der Zugang zu Hunderten Millionen Forint verwehrt würde, womit mehrere große Entwicklungs- und Instandhaltungsprojekte gestrichen werden müssten. Der Budapester Oberbürgermeister István Tarlós (Fidesz) erklärte daraufhin, dass, falls die Hauptstadt nicht die nötigen Gelder für die Sanierung erhielte, er die verschlissene Metro-Linie 3 werde schließen müssen. In einer Presseerklärung ließ Lázár wissen, seine Regierung werde die notwendigen Finanzmittel zur Rekonstruktion der Linie M3 zur Verfügung stellen, woraufhin der Oberbürgermeister verkündete, er sei überzeugt, dass eine Lösung gefunden werde.

Die Regierung wolle Budapest bestrafen, heißt es in einem Leitartikel auf der Titelseite von Népszabadság. Die führende linksorientierte Tageszeitung hegt den Verdacht, dass die Regierung das Land durch die Stadt-Land-Spaltung weiter polarisieren und Gelder auf Kosten der Hauptstadt zu ihren Stammwählern in ländliche Regionen umlenken wolle.

In einem Beitrag auf der Meinungsseite von Népszabadság äußert Anna Szalai den Verdacht, dass die Regierung die Einwohner von Budapest für deren regierungskritische Haltung abstrafen wolle. (Im ersten Jahrzehnt nach der Wende war Budapest links-liberal dominiert, doch gegenwärtig werden die meisten Stadtbezirke und die Stadt insgesamt von konservativen Bürgermeistern geführt – Anm. d. Red.) Die Autorin erinnert daran, dass die Fidesz-Regierung die gesetzlich vorgeschriebene staatliche Beteiligung an den Ausgaben der Hauptstadt um vierzig Prozent gekürzt (allerdings hatte die Regierung gleichzeitig die Kosten für die Gesundheitsfürsorge und die Bildung übernommen – Anm. d. Red.) und Ministerpräsident Orbán erst kürzlich vorgeschlagen habe, dass Ministerien in andere Städte des Landes umziehen sollten (vgl. BudaPost vom 9. Juni). In einer Nebenbemerkung äußert die Autorin den Verdacht, Minister Lázár könnte auch von einem „Minderwertigkeitskomplex“ geleitet sein. Abschließend beschuldigt Szalai die Regierung, dass sie Budapest in die Unterwerfung zwingen wolle, indem sie die Hauptstadt finanziell ausbluten lasse.

In Magyar Nemzet zitiert Zsolt Szabó ungenannte Quellen, die die Ansicht vertreten, dass der Minister die Angelegenheit noch einmal werde überdenken müssen. Andernfalls werde die Entwicklung des städtischen Personennahverkehrs auf Eis gelegt und die Hauptstadt letzten Endes gelähmt. Szabó glaubt, dass die Ankündigung des Stopps von EU-finanzierten Projekten in Budapest übereilt sei und auf fehlerhaften Berechnungen basiere.

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