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Für und Wider einer EU-Föderalisierung

3. Jul. 2014

Während das Europaparlament seine neue Legislaturperiode in Angriff nimmt, beharrt ein konservativer Kolumnist darauf, dass eine weitere Zentralisierung die Probleme der Europäischen Union zementieren sowie deren Demokratiedefizite verstärken würde. Ein liberaler Kommentator hingegen glaubt, dass der Erfolg der europäischen Länder von einer noch weiter gehenden Integration abhänge.

„Europa kann sich nur durch eine Stärkung der nationalen Souveränität und weniger mittels einer weiteren bürokratischen Zentralisierung neu erfinden“, schreibt Gyula T. Máté von der Tageszeitung Magyar Hírlap. Der konservative Kolumnist glaubt, dass die EU bei der Lösung sozialer und wirtschaftlicher Probleme wenig effektiv agiere. Die Union werde bereits vom Amtsschimmel lahmgelegt und eine weitere Integration würde die penetrante Bürokratie zusätzlich verstärken. Neben einer mangelnden Effektivität sei, so Máté, auch ein Demokratiedefizit innerhalb der Union zu beklagen.
Die Spitzenpolitiker der EU, darunter auch der Kommissionspräsident sowie der Präsident des Europaparlaments, würden in einem Verhandlungsprozess zwischen Parteien und nationalen Regierungen ausgewählt, nicht jedoch durch eine Volksabstimmung. Demzufolge sei es um deren demokratische Legitimation schlecht bestellt, notiert der Journalist. Im Ergebnis diene die EU eher als Lobby-Instrument nationaler Regierungen, als dass es sich bei ihr um ein geeignetes paneuropäisches Entscheidungsgremiums handele. Diejenigen, die gegen die Nominierung des Föderalismus-freundlichen Jean-Claude Juncker für das Amt des Präsidenten der EU-Kommission gestimmt hätten, darunter der ungarische Ministerpräsident Orbán sowie der britische Premier Cameron (vgl. BudaPost vom 30. Juni), hätten dies getan, weil einer weiteren Zentralisierung der Union die bereite Unterstützung fehle, schließt Gyula T. Máté seine Betrachtungen ab.

In Heti Világgazdaság äußert Miklós Tallián die Vermutung, dass die Föderalisierung der EU für das Wohlergehen der europäischen Länder unverzichtbar sei. Der liberale Experte weist Befürchtungen zurück, wonach die Integration einer schleichenden „Kolonisierung“ durch Deutschland gleichkomme. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit Europas könne durch eine weitere Integration und Vereinheitlichung noch effektiver gestaltet werden. Kein Nationalstaat sei in der Lage, auf den Weltmärkten so erfolgreich zu agieren wie eine gut integrierte Europäische Union, ist der Autor überzeugt. Und so begrüßt er die Wahl des Föderalisten Jean-Claude Juncker zum Präsidenten der Europäischen Kommission. In einer Nebenbemerkung schreibt Tallián, diejenigen, die sich im Namen des Schutzes nationaler Interessen für eine stärkere Souveränität der einzelnen Staaten einsetzten, seien parteiische Lobbyisten, die unwirtschaftliche und korrupte Unternehmen schützen wollten. Auch die im Zusammenhang mit einer kulturellen Angleichung stehenden Ängste hält Tallián für nicht fundiert: „Die EU möchte kulturelle Zugehörigkeiten nicht löschen und vermag es auch nicht.“

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