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Migrationsstrom: Kirchen in der Kritik

8. Aug. 2015

Ein liberales Wochenblatt wirft den christlichen Kirchen vor, hilfsbedürftige Migranten zu ignorieren. Ein linksorientierter Kolumnist wiederum vertritt die Meinung, dass die Kirchen einen Beitrag zur Mäßigung von gegen Migranten gerichteten Gefühlen leisten. Ein konservativer Kolumnist sieht die Linke im Unrecht, wenn sie der Regierung ein Schüren von Fremdenfeindlichkeit vorwirft.

In einem Leitartikel auf Seite eins von Magyar Narancs wird den christlichen Kirchen Ungarns vorgeworfen, sie ignorierten die Notlage der Migranten. Das linksliberale Wochenmagazin räumt zwar ein, dass (der römisch-katholische) Bischof László Kiss-Rigó humanitäre Hilfe für Flüchtlinge angemahnt, gleichzeitig aber auch zu verstehen gegeben habe, die Hälfte der illegalen Einwanderer werde wohl keinen Anspruch auf Asyl genießen können. Magyar Narancs sieht in diesen Äußerungen einen Hinweis darauf, dass die christlichen Kirchen Ungarns „zu feige“ seien, um sich gegen die Regierung zu stellen – eine Regierung, die vorgebe, christdemokratischen Prinzipien zu folgen und von der „die Kirchen (finanziell) abhängen“.

Die Linke liege falsch mit ihrer Behauptung, Politik und Rhetorik der Regierung würden migrantenfeindliche Stimmungen verstärken, kommentiert Ottó Gajdics in Napi Gazdaság eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Tárki zur Ausländerfeindlichkeit (vgl. BudaPost vom 6. August). Der regierungsfreundliche Kolumnist sieht in den Tárki-Zahlen einen Hinweis darauf, dass die Fremdenfeindlichkeit der meisten Ungarn abklinge. Die Mehrheit der Ungarn wolle den Flüchtlingen helfen, wünsche aber keine massenhafte Einwanderung und lehne den Zustrom von nicht asylberechtigten Wirtschaftsflüchtlingen ab, notiert Gajdics und resümiert: Diese weit verbreitete Ansicht könne problemlos die Grundlage für eine konziliantere Haltung in Sachen Migration sein.

In der Tat könnten die christlichen Kirchen gegen Einwanderer gerichtete Stimmungen dämpfen, schreibt Gábor Czene in Népszabadság. Der linksorientierte Autor erinnert daran, dass laut Tárki-Umfrage aktive Kirchgänger zu den am wenigsten fremdenfeindlichen Gruppen des Landes gehörten. Dessen ungeachtet kritisiert Czene die christlichen Kirchen dafür, dass sie nicht in aller Deutlichkeit die – so der Verfasser wörtlich – „unmenschliche migrantenfeindliche Kampagne der Regierung“ verurteilten. Gleichzeitig räumt Czene auch ein, dass die Kirchen sehr wohl den Versuch unternehmen könnten, aus dem Hintergrund und mittels Aufklärung ihrer Anhänger die Politik der Regierung zu beeinflussen.

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