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Rolle rückwärts beim Sonntagsverkaufsverbot

13. Apr. 2016

Der Meinungsumschwung beim Fidesz im Hinblick auf das Sonntagsverkaufsverbot beweise das Bekenntnis der Partei zur Demokratie, argumentiert Magyar Idők. Népszabadság und Magyar Nemzet erkennen profanere Beweggründe hinter der Entscheidung.

Nach Angaben der Regierung begrabe sie das Gesetz, weil sie die Stimme des Volkes vernommen habe. Diese Erklärung sei falsch, konstatiert Népszabadság im Leitartikel auf der Titelseite. Das linksliberale Blatt verweist darauf, dass sich die Ablehnung des Volkes in Sachen Ladenschluss am Sonntag überhaupt nicht verändert habe. Auf der anderen Seite sei die Möglichkeit eines Referendums aufgetaucht. Dies habe die Regierung als politische Bedrohung empfunden, meint Népszabadság.

Völlig überraschend teilte die Regierung am Montag mit, dass sie das Sonntagsverkaufsverbot aufheben werde. Damit wendet sie ein von den Sozialisten angestrengtes Referendum ab, in dem es um die Rücknahme des Verbots gehen sollte. Das Gesetz, das allen – mit Ausnahme familienbetriebener – Geschäfte vorschreibt, an Sonntagen geschlossen zu bleiben, war erst im März 2015 eingeführt worden (vgl. BudaPost vom 9. Dezember 2014) und entpuppte sich als ein zentrales Anliegen des Kabinetts. Kompromisse schienen in der Frage ausgeschlossen. Allerdings stieß das Gesetz auf nur wenig Gegenliebe und wurde bereits im Entstehungsprozess heftig debattiert. Nach zahlreichen Auseinandersetzungen (vgl. BudaPost vom 25. Februar) und aufgrund einer Entscheidung des obersten ungarischen Gerichtshofes (Kurie) vom vergangenen Mittwoch (vgl. BudaPost vom 8. April) bekam die MSZP letztendlich grünes Licht und begann mit der Sammlung von Unterschriften für ein Referendum, das die Abschaffung des Gesetzes hätte erzwingen sollen.

Die Sozialisten sollten die Hände der „kräftigen Männer“ küssen. (Sie hatten einen MSZP-Vertreter unter massivem körperlichen Einsatz daran gehindert, das von der Partei geforderte Referendum beim Wahlbüro zu beantragen. Dieses Verhalten löste einen medialen Sturm der Entrüstung aus, vgl. BudaPost vom 25. Februar – Anm. d. Red.) Nach Ansicht der konservativen Magyar Nemzet hat das empörende Vorgehen dieser Männer der MSZP-Initiative Vorschub geleistet. Nett wäre es, wenn man schreiben könnte, dass sich der Fidesz letztendlich dem gesunden Menschenverstand gebeugt hätte, schreibt Zsuzsa Körmendy, doch dies sei hier nicht der Fall gewesen. Die Partei sei lediglich ihrem politischen Instinkt gefolgt.

Die Regierung könne letztendlich von der Entscheidung profitieren, meint die regierungsfreundliche Magyar Idők in ihrem Leitartikel. Denn die Rücknahme des Gesetzes beweise, dass sie einlenken könne, wenn sie es sollte. Autor Gergely Kiss erinnert an die Reaktion der MSZP auf ein Referendum vom Jahr 2008, als sich die Sozialisten gegen den Volkswillen gestellt und viel verloren hätten. Der Fidesz wiederum, so argumentiert Kiss, habe einen anderen Weg gewählt und damit sein Bekenntnis zur Demokratie unter Beweis gestellt – und zugleich der Opposition den Wind aus den Segeln genommen.

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