Netanjahu in Ungarn
19. Jul. 2017Der zu einem offiziellen Besuch in Ungarn weilende israelische Ministerpräsident wird von einem linksorientierten Kommentator kritisiert, während eine Journalistin des rechten Spektrums den Besuch Benjamin Netanjahus als Widerlegung von Antisemitismusvorwürfen interpretiert, die in jüngster Zeit gegen die Regierung in Budapest erhoben wurden.
Gábor Horváth bezeichnet die beiden Regierungschefs aus Ungarn und Israel in Anlehnung an das berühmte Bühnenstück von Neil Simon als „ein seltsames Paar“. Netanjahu, so Horváth in Népszava, brauche einen Partner innerhalb der Europäischen Union, der die in ihr vorherrschende entschieden kritische Haltung gegenüber den israelischen Siedlungsprogrammen im Westjordanland abschwächen könnte, während sein ungarischer Kollege einen israelischen Ministerpräsidenten benötige, der „Antisemitismus in Ungarn mit Stillschweigen übergeht“. Der Kommentator aus dem linken Spektrum geht davon aus, dass die Kritik des israelischen Botschafters in Budapest an der gegen George Soros gerichteten Plakatkampagne (vgl. BudaPost vom 12. Juli) ein authentischer Ausdruck der israelischen Haltung mit Blick auf Antisemitismus in Ungarn gewesen sei. Netanjahu habe ihn lediglich aufgrund von politischen Erwägungen korrigiert.
Es sei absurd anzunehmen, dass sich Netanjahu aus welchen Gründen auch immer hinter antisemitische Vorgänge stellen würde, notiert dagegen Mariann Őry von der Tageszeitung Magyar Hírlap und bezeichnet den ersten Besuch eines israelischen Premiers im demokratischen Ungarn als ein Ereignis von historischer Bedeutung. Aber genau das sei auch der Grund für den Ärger bei den Linken, behauptet die Autorin, für die es sich auch ganz von selbst versteht, dass Kritik an Soros nicht mit Antisemitismus zu verwechseln sei. Antisemitismusvorwürfe sollten jedoch die amtierende Regierung in Misskredit bringen. Deswegen gerate die Logik auf Seiten der Opposition unter die Räder. Deren Problem liege laut Őry darin, dass es sich bei Netanjahu ebenfalls um eine glaubwürdige Quelle handele, die Soros-Kritiker nicht automatisch für Antisemiten halte – und dass er selbst einer dieser Kritiker sei.