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Denkmal von Imre Nagy entfernt

31. Dec. 2018

Ein linksorientierter Kolumnist interpretiert die Entfernung des Denkmals von Imre Nagy aus der unmittelbaren Nähe des Kossuth-Platzes als Abschluss der ideologischen Wende Viktor Orbáns und als Verrat an dessen demokratischer Vision aus dem Jahr 1989. Ein konservativer Historiker begrüßt dagegen die Entscheidung und behauptet, dass es sich bei Imre Nagy eher um einen nationalistischen Kommunisten als um einen Helden der Demokratie gehandelt habe.

Am Donnerstagabend wurde die Statue von Imre Nagy von ihrem bisherigen Standort in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kossuth tér entfernt. Begründet wurde die Maßnahme damit, dass das betreffende Areal in seinen Zustand vor dem Jahr 1944 zurückversetzt werden solle (vgl. BudaPost vom 24. Juli). Die Statue des ehemaligen Ministerpräsidenten, der wegen seiner Beteiligung am Volksaufstand des Jahres 1956 hingerichtet worden war, soll saniert und einige hundert Meter nördlich am Jászai-Mari-Platz aufgestellt werden, wo sich bis 1991 eine Skulptur von Marx und Lenin befunden hatte.

Krisztina Hompola hält die Entfernung der Statue von Imre Nagy für den Abschluss der ideologischen Kehrtwende Viktor Orbáns. In Népszava erinnert die linke Kolumnistin daran, dass Orbán 1989 mit einer flammenden Rede anlässlich der Wiederbestattung der sterblichen Überreste von Imre Nagy und anderer Märtyrer des Jahres 1956 bekannt und populär geworden sei. In dieser Rede habe der junge Liberale Viktor Orbán den Abzug der sowjetischen Truppen gefordert, damit Ungarn zu einem freien und demokratischen Land werden könne, wie es sich Imre Nagy und die Revolutionäre von 1956 erträumt hätten. Hompola glaubt, dass Ministerpräsident Orbán mit der Entfernung der Nagy-Statue die demokratische Vision der Revolutionäre des Jahres 1956 sowie sein eigenes demokratisches Engagement verraten habe.

Auf Mandiner begrüßt Gábor Sebes die Entfernung der Statue von Imre Nagy. Der konservative Historiker, der als Fidesz-Vertreter in den Gemeinderat des XXII. Bezirks in Budapest gewählt wurde, hält Imre Nagy nicht für einen demokratischen Helden. Vielmehr sei er ein nationalistischer kommunistischer Führer gewesen, der unter anderem mit dem NKVD zusammengearbeitet und dann als Innenminister nach dem Zweiten Weltkrieg das Dekret über die Vertreibung der Volksdeutschen aus Ungarn unterzeichnet habe. Imre Nagy habe auch nach seiner Parteinahme für die 1956er Revolution die Einführung einer nationalen Version des Kommunismus in Ungarn, nicht jedoch der Demokratie gewünscht, unterstreicht Sebes. Was dessen Beitrag an den Geschehnissen von 1956 betrifft, so sei Nagy nicht der Führer der antisowjetischen Revolte, sondern ein opportunistischer Kommunist gewesen, der erkannt habe, dass ein Seitenwechsel und die Unterstützung der Revolutionäre in seinem besten Interesse wäre. In Anbetracht all dessen glaubt Sebes, dass die Skulptur von Nagy – gemeinsam mit denjenigen von Marx, Lenin und anderen kommunistischen Führern – einen Platz im „Statuen-Park“ außerhalb des Budapester Stadtzentrums verdient habe, nicht jedoch unter den Denkmälern für die Helden der Demokratie.

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