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Warnung vor linksinternen Machtkämpfen

20. Jun. 2019

Ein einst führender Kolumnist der mittlerweile eingestellten Tageszeitung Népszabadság ist besorgt, da sich im Vorfeld der zweiten Runde der Budapester Bürgermeistervorwahlen die konkurrierenden Bewerber der Linken mit gegenseitigen Schuldzuweisungen überziehen.

Ursprünglich war vorgesehen, dass sich der Bürgermeisterkandidat der Linken im Rahmen einer ersten Vorwahlrunde herauskristallisiert. Und so standen sich im Januar der ehemalige Parlamentswahlspitzenkandidat von MSZP-Párbeszéd, Gergely Karácsony, sowie der frühere Budapester Vizebürgermeister, der Sozialist Csaba Horváth, gegenüber, wobei sich Karácsony mit großer Mehrheit durchsetzen konnte. Im zweiten Vorwahlgang sollte es dann eigentlich zur Auseinandersetzung dieses linken Kandidaten mit einem Bewerber des gemäßigten Spektrums kommen. Letzterer, Róbert Puzsér, zog sich jedoch vorzeitig aus dem Rennen zurück. Allerdings beschlossen die Demokratische Koalition und Momentum – beide Oppositionsparteien hatten bei den Wahlen zum Europäischen Parlament überraschend gut abgeschnitten – Kapital aus ihrem Überraschungserfolg zu schlagen, und nominierten eigene Kandidaten (siehe BudaPost vom 17. Juni).

Mit scharfzüngigen und kritischen Wortgefechten im Vorfeld der zweiten Vorwahlrunde könnten die linken Kandidaten ihre jeweilige Wählerklientel demotivieren und dafür sorgen, dass die Anhänger des unterlegenen Kandidaten im Herbst weder bei den Budapester Oberbürgermeisterwahlen noch landesweit in großer Zahl an die Wahlurnen schreiten würden. Diese Befürchtung äußert Ervin Tamás in einem Beitrag für das Wochenmagazin 168 Óra. Dabei stehe extrem viel auf dem Spiel, notiert Tamás, denn falls die Opposition nicht wenigstens einige Städte werde erobern können, dürften „sogar noch die letzten Reste demokratischer Strukturen hinweggefegt werden“. Dagegen könnte ein ausgeglicheneres Ergebnis der Linken „die letzte Chance für einen Neuanfang“ bieten. Von der Opposition dominierte Stadträte könnten laut Tamás linksorientierten Bürgern Klubräume zu Verfügung stellen, in denen sie sich treffen und Veranstaltungen abhalten können. Einige von ihnen könnten sogar Arbeitsplätze schaffen. Tamás vergleicht ein solches linkes Bürgermeisteramt mit einem gemeinschaftlichen Brunnen, um den herum sich Menschen versammeln, miteinander reden und dabei gleichzeitig ihren Durst löschen können.

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