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Schlagabtausch zum Ukraine-Krieg

3. Oct. 2022

Kommentatoren sämtlicher politischer Lager machen sich ihre Gedanken über die Auswirkungen und den Nutzen der EU-Sanktionen gegen Russland sowie die sogenannte „nationale Konsultation“ der ungarischen Regierung zu diesem Thema.

In einem Beitrag für die Tageszeitung Magyar Nemzet begrüßt László Szentesi Zöld das Bemühen der Regierung in Budapest, dem Frieden Vorrang einzuräumen und ein Ende der Kämpfe in der Ukraine zu fordern. In den Augen des regierungsnahen Kolumnisten ist der Krieg eine Auseinandersetzung zwischen den Bemühungen der US-Demokraten, die russisch-europäische Zusammenarbeit zu beeinträchtigen, und dem Ansinnen des Kremls, die Ausdehnung der Nato zu stoppen. Szentesi Zöld glaubt, dass ein längerer Krieg zwischen zwei Atommächten eine Bedrohung für die Menschheit darstelle. Es sei betrüblich, dass die EU noch nicht erkannt habe, dass Europa bei einer Fortdauer des Krieges mit Energie-, Wirtschafts- und politischen Krisen konfrontiert sein werde.

Ebenfalls in Magyar Nemzet macht László Szőcs die Sanktionen der Europäischen Union für die hohen Energiepreise verantwortlich. George Soros habe mit Investitionen in den Flüssiggassektor 431 Milliarden US-Dollar verdient, betont der regierungsfreundliche Publizist und bezeichnet es als durchaus normal, dass Investoren nach Gewinnen streben. Allerdings sei es ziemlich bedenklich, dass George Soros großen Einfluss auf die Demokratische Partei der USA ausübe und sein Geld dazu verwende, in Ungarn „Chaos zu zu verbreiten“. Die Sanktionen haben den Krieg nicht beendet, sondern die US-Investoren reicher gemacht, lautet die abschließende Behauptung von Szőcs.

Im Gegensatz dazu hält Miklós Losoncz die EU-Sanktionen gegen den russischen Energiesektor für so erfolgreich wie notwendig. In Élet és Irodalom setzt sich der liberale Analyst außerdem für weitere Maßnahmen der Europäischen Union ein, darunter eine Preisobergrenze für Gasimporte aus Russland. Dies würde den EU-Mitgliedern helfen, Energie preisgünstiger einzukaufen, aber auch die Einnahmen Russlands und seine Fähigkeit, den Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren, schmälern.

In seiner allwöchentlichen Kolumne für die Tageszeitung Népszava weist Gyögy Bolgár die Behauptung von Ministerpräsident Orbán zurück, die galoppierende Inflation sowie die hohen Energiepreise gingen auf das Konto der gegen Russland gerichteten EU-Sanktionen. (In seinem zweiwöchentlichen Interview mit Kossuth Rádió hatte Ministerpräsident Viktor Orbán behauptet, Brüssel habe bezüglich der Sanktionen „gelogen“, als man den Boykott russischer Energieexporte deutlich verneint habe. Orbán ergänzte, dass sich die Inflation ohne die Sanktionen halbieren würde. Und der Regierungschef weiter: Spekulanten, darunter George Soros, hätten dank der hohen Energiepreise Milliardengewinne erzielt, während die Sanktionen den Krieg nicht beendet hätten – Anm. d. Red.)
Bolgár erinnert daran, dass der teilweise Boykott der EU gegen russisches Öl erst im Juni verfügt worden sei (und erst ab Dezember in Kraft treten werde), während Gasimporte überhaupt nicht sanktioniert seien. Daher könnten die hohen Energiepreise nicht mit den EU-Sanktionen erklärt werden, argumentiert Bolgár. Die Regierung habe die Preisobergrenzen als Reaktion auf die steigende Inflation im Jahr 2021 – also lange vor dem Ukraine-Krieg – verfügt. Folglich könne die hohe Inflationsrate nicht auf die EU-Sanktionen zurückgeführt werden.

In seinem Kommentar zur „nationalen Konsultation“ der Regierung zum Thema EU-Sanktionen (siehe BudaPost vom 24. September) wirft Ervin Nagy der Linken vor, sie ignoriere den Willen des Volkes. In Magyar Hírlap bezeichnet der konservative Kommentator die nationale Konsultation als ein partizipatives Instrument. Mit ihrer Kritik an der Initiative räumten die Oppositionsparteien ein, dass sie Angst vor der Demokratie haben, notiert Nagy und bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass andere Regierungen in der Union dem Beispiel folgen und ihre Bürger nach ihrer Haltung zur Sanktionierung Russlands befragen.

In Magyar Hang bezeichnet Benedek Ficsor die nationale Konsultation als ein plumpes Propagandainstrument. Die Regierung missbrauche die Konsultation, um der EU die Schuld für den Rückgang des Wohlstands in Ungarn in die Schuhe zu schieben. Darüber hinaus wirft Ficsor der Regierung vor, mit ihrer Forderung nach einem bedingungslosen Frieden die russische Aggression zu legitimieren.

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