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Ungarn kauft Vodafone

11. Jan. 2023

Liberale Beobachter stellen die Zweckmäßigkeit von staatlichem Eigentum in der Mobilfunkbranche in Frage, während ein regierungsnaher Kommentator das Geschäft als strategischen Schritt zur Stärkung der ungarischen Souveränität betrachtet.

Die Vodafone Group PLC hat am Montag eine Vereinbarung über den Verkauf von Vodafone Ungarn an die 4iG Nyrt. und die Corvinus Zrt. unterzeichnet. Der Kaufpreis von 1,7 Milliarden Euro liegt um 100 Millionen unter der noch im vergangenen Sommer erwarteten Summe (siehe BudaPost vom 24. August 2021). Die staatseigene Corvinus Investmentgesellschaft wird 49 Prozent der Anteile erwerben. Die Beteiligung von 4iG an dem Geschäft wird von zwei in Staatsbesitz befindlichen Banken finanziert. In einem jüngst veröffentlichten Regierungsdekret wird der Deal als von nationaler strategischer Bedeutung eingestuft. Aufgrund dessen ist er von einer wettbewerbsrechtlichen Prüfung befreit.

Auf dem Internetportal von Heti Világgazdaság stellt Iván Sztojcsev eine Erklärung des für die wirtschaftliche Entwicklung zuständigen Ministers in Frage. Laut Márton Nagy wird die staatliche Beteiligung an Vodafone die Souveränität Ungarns festigen. Der liberale Autor fragt nun, ob die USA, das Vereinigte Königreich, Italien oder die Niederlande wohl um ihre Souveränität fürchten müssten, da ihre jeweiligen Regierungen nicht an Telekommunikationsunternehmen beteiligt seien.

Dániel Szalai vermutet, dass die von Regierung und 4iG an der Telekommunikationsbranche gehaltene Beteiligung den fairen Wettbewerb gefährden könnte. Die beiden Unternehmen, die sie ganz oder teilweise kontrollierten, würden mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzes in diesem Sektor erwirtschaften, betont Szalai auf der ungarischsprachigen Webpräsenz von Radio Freies Europa (RFE). Szalai zitiert nicht näher genannte Juraprofessoren, die die Europäische Union zu einer Prüfung aufgefordert hätten, ob der neue Vertrag den Wettbewerbsstandards der Europäischen Union entspreche.

Auf Mandiner kritisiert Mátyás Kohán die Ansicht der Opposition, wonach die Regierung, anstatt Telekommunikationsaktien zu kaufen, besser die Löhne von Lehrkräften erhöhen sollte. Der Kolumnist argumentiert, dass die Regierung zur Finanzierung des Geschäfts Anleihen ausgebe und die zusätzlichen Schulden aus der Dividende bedient werden, die Vodafone an seine neuen Eigentümer zahlen werde. Das wäre bei den Lehrergehältern nicht der Fall. Ähnliche Einwände seien bereits einmal erhoben worden, als die Regierung ein maßgebliches Aktienpaket von MOL zurückgekauft habe. Dann habe es ihr Einfluss auf die ungarische Öl- und Gasgesellschaft ermöglicht, eine Kraftstoffpreisobergrenze einzuführen und den Gasverbrauch der Haushalte zu subventionieren, erinnert Kohán. Der Telekommunikationssektor mit seiner Rolle für den High-Tech-Fortschritt könnte in Zukunft strategisch wichtig werden und Ungarn von nationalem Eigentum profitieren, falls internationale Krisen ausbrechen sollten, zum Beispiel zwischen den USA und China, argumentiert Kohán.

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