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Orbáns Rede zum 23. Oktober spaltet die Gemüter

25. Oct. 2023

Ein regierungsnaher Politologe sowie ein liberaler Kommentator erkennen in den Äußerungen des ungarischen Ministerpräsidenten über die Europäische Union gleichermaßen den Kern seiner Rede anlässlich des 67. Jahrestags der Revolution von 1956.

In seiner in Veszprém gehaltenen Rede erklärte Viktor Orbán, Ungarns Position innerhalb der Europäischen Union unterscheide sich radikal von seiner Unterwerfung innerhalb des Sowjetimperiums. Den Befehlen Moskaus habe sich niemand widersetzen können. Heutzutage hingegen müsse Ungarn nicht nach der Pfeife Brüssels tanzen.

Es sei absurd, dass der Ministerpräsident am Jahrestag der Revolution die Europäische Union anprangere, notiert Miklós Hargitai in der linken Tageszeitung Népszava und führt weiter aus: Ungarns Freiheitskämpfer gegen die sowjetische Besatzung hätten rebelliert und davon geträumt, sich westlichen, rechtsstaatlich geprägten Gesellschaften anzuschließen. In den Augen Hargitais ist es eine besonders widersinnige Tatsache, dass sich Orbán in diesem Sinne nur wenige Tage nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin geäußert habe (siehe BudaPost vom 21. Oktober). Den wirklichen Unterschied zwischen Moskau in den 1950er-Jahren und dem heutigen Brüssel sieht der Kolumnist im Schicksal der beiden Ministerpräsidenten: Imre Nagy sei hingerichtet worden, weil er sich gegen Moskau gestellt habe.

Der politische Analyst Zoltán Kiszelly lobt in der Zeitung Magyar Nemzet, dass der Wunsch nach Freiheit, der die Revolution von 1956 ausgelöst habe, von Orbán „in die Gegenwart übertragen wird“. Als den zentralen Punkt der Rede des Ministerpräsidenten hebt er den klaren Unterschied zwischen dem Moskau unter kommunistischer Herrschaft und dem heutigen Brüssel hervor: „Beide stellten bzw. stellen eine Bedrohung für die Freiheit Ungarns dar“, behauptet Kiszelly, aber auf unterschiedliche Art und Weise. Folglich müssten die Reaktionen des Landes unterschiedlich ausfallen. 1956 hätten sich die Ungarn für einen bewaffneten Aufstand entscheiden müssen. Dieses Mal dagegen müssten sie ihre Haltung durch die Europawahlen im kommenden Jahr zum Ausdruck bringen, so Kiszelly.

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