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Wochenzeitungen mit Gedanken über politische Strategien

26. Apr. 2021

Ziemlich genau ein Jahr vor den nächsten Parlamentswahlen befassen sich Kommentatoren der Wochenpresse mit den Chancen der Opposition sowie der anzustrebenden Rolle Ungarns auf der internationalen Bühne.

Im Wochenmagazin Heti Világgazdaság widerspricht Árpád W. Tóta zahlreichen der Opposition nahestehenden Kommentatoren, die sich über zwei mit potenziellen Spitzenkandidaten geführte Interviews empört hatten. (Einer von ihnen, Péter Márki-Zay, Bürgermeister von Hódmezővásárhely, erklärte dem Interviewer, er verurteile keine Eltern, die ihre Kinder schlagen würden. Er selbst habe dies getan. Der andere, Momentum-Chef András Fekete-Győr, verwickelte sich in dem Interview immer wieder in Widersprüche – Anm. d. Red.)
Mit Blick auf Fekete-Györ räumt Tóta ein, der Oppositionspolitiker habe sich nicht gut auf das mehrstündige Interview vorbereitet. Nichtsdestotrotz meint der Kommentator, die Opposition brauche für die im Herbst stattfindenden Vorwahlen keine perfekten Kandidaten. Auch benötige sie keinen vermeintlich perfekten nächsten Ministerpräsidenten.
„Wir suchen nicht nach Orbán Nummer zwei“, beteuert Tóta. Seiner Ansicht nach benötigt einzig die extreme Rechte einen heldenhaften Führer, denn sie denke in kriegerischen Begrifflichkeiten. Diejenigen außerhalb des „rechtsradikalen Spektrums“ würden also keinen Oberbefehlshaber suchen. Bei einem Staats- oder Regierungschef handele es sich lediglich um einen Beamten, den die Wähler mit der Führung des Landes betraut hätten. Sie könnten erklärtermaßen unvollkommen sein, würden aber von einer Reihe weiterer unvollkommener Menschen um sie herum kontrolliert, erläutert Tóta.
Andererseits könne allein die Tatsache, dass ein der Opposition nahestehender Blogger die beiden Politiker richtig in die Mangel genommen und dann das ihre Schwächen aufzeigende Interview auch noch veröffentlicht habe, als Ermutigung für die Zukunft angesehen werden, betont Tóta.

György Pápay von Magyar Hang warnt die Opposition davor, die sich durch die regierungsseitig geplante Ansiedelung einer chinesischen Universität in Budapest bietende Chance zu verpassen (siehe BudaPost vom 17. und 22. April). Der Fall der Fudan-Universität, so Pápay, könne sich durchaus zu einem brisanten politischen Thema auswachsen, das von der Opposition im Wahlkampf erfolgreich genutzt werden könnte: Zunächst einmal dürfte die internationale Politik in den kommenden Jahren zu einem großen Teil vom Gegensatz zwischen den USA und China geprägt sein. Welche Haltung Europa angesichts dieser Situation einnehmen sollte, bleibe einstweilen unklar, doch sei unbestreitbar, dass unilaterale Gesten gegenüber einer Seite ein Risiko darstellten.
Zweitens ist Pápay überzeugt, dass die vom Campus verursachten Kosten mit Sicherheit die Gewinne übersteigen dürften, die Ungarn daraus zu ziehen vermag. Drittens könne die Opposition die Budapester für „die Rücksichtslosigkeit der Regierung“ sensibilisieren – eine Regierung, die sich über den Plan hinwegsetze, auf dem als Campus der Chinesischen Universität vorgesehenen Areal eine „Studentenstadt“ zu errichten. Die Opposition würde hilflos und ohnmächtig erscheinen, sollte sie eine solche sich bietende Wahlkampfgelegenheit nicht nutzen, mahnt Pápay.

In Mandiner weist Balázs Orbán Forderungen zurück, die Regierung möge sich festlegen, auf welcher Seite sie stehe – ob sie sich für den Osten und gegen den Westen oder umgekehrt entscheide. Wenn es nur darum ginge, zwischen zwei Lebensstandards zu wählen, sei es offensichtlich, dass sich Ungarn für den deutschen entscheiden würde, erklärt der Staatssekretär im Büro des Ministerpräsidenten. Doch als die Ungarn nach der Wende geglaubt hätten, ein solches Ziel ließe sich durch einfaches Kopieren westlicher Muster erreichen, seien sie auf unerwartete Schwierigkeiten gestoßen. Die Erklärung: Mit dem Kopieren habe es Ungarn verpasst, seine Schwächen und potenziellen Stärken herauszufinden und seine Politik entsprechend auszurichten. Ungarn sollte es nie als seine Aufgabe betrachten, Entweder-Oder-Entscheidungen zu treffen, behauptet Orbán, der lediglich ein Namensvetter des Ministerpräsidenten ist. Wenn es um Entscheidungen gehe, „müssen wir uns immer für Ungarn entscheiden“, fordert der Staatssekretär.

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